KREIS GIESSEN (sbu). Was sich vor einigen Jahren bereits andeutete, ist im Sängerkreis Gießen schon weit fortgeschritten: Die traditionellen Chorformationen haben zwar immer noch Bestand, doch treten junge Chöre immer mehr in den Vordergrund. Das wurde deutlich beim Wertungssingen am Freitag und am Samstag im Kulturzentrum Großen-Buseck. Dort stellten sich 43 Chöre aus 29 Vereinen der Kritik von Linda Horowitz. Linda Horowitz stammt aus Kalifornien und wurde nach dem Musikstudium in Frankfurt Deutschlands erste Chordirektorin am Heidelberger Theater. Seit 2000 ist sie ständige Chorleiterin der Frankfurter Singakademie, nahm Gastprofessuren an Musikhochschulen wahr und hat sich einen Namen gemacht als Jurorin bei Chor- und Musikwettbewerben.
Mit ihr hat sich der Sängerkeis Gießen selbst einen großen und guten Dienst erwiesen. Wie kaum ein Kritiker vorher verstand es Linda Horowitz, nicht nur die über 1600 Stimmen kritisch zu würdigen, sondern mit ihren humorvollen Ausführungen auch die Zuhörer zum „tieferen Hinhören“ zu animieren. Da konnte einfach keine Langeweile aufkommen. Was sie sagte, hatte Gewicht und gerne folgten ihr die Sängerinnen und Sänger samt ihren Dirigenten, wenn nach dem Vortrag die eine oder andere Passage neu oder besser intoniert oder interpretiert werden sollte. Ihre charmante Art, Anregungen und Kritik wohlwollend miteinander zu verquicken, wurde durch den heiteren Akzent ihrer Aussprache unterstrichen. So gab es in den Reihen der Chöre eigentlich nur zufriedene Gesichter, denn niemand fühlte sich „auf den Schlips getreten“, wenn es hier und da doch einmal etwas auszusetzen gab. Stimmte auch noch das Erscheinungsbild, dann war die Frau aus dem „Wilden Westen“ restlos entzückt und fasste das auch in Worte grenzenloser Begeisterung.
HessischesDass es den Sängerinnen und Sängern aus Mittelhessen manchmal etwas an der Aussprache fehlt, entging auch der Jurorin nicht, vor allem an Vokalen und Wortenden muss immer gefeilt werden. Die facettenreiche Chorauswahl fand ebenfalls großen Gefallen. Klassiker der Chormusik sind immer noch stark vertreten, geistliche Lieder mit vielfach hohem Schwierigkeitsgrad ebenfalls. Fröhliche und nachdenkliche Beiträge erfüllten das Kulturzentrum am Freitag drei Stunden lang, am Samstag waren es gar sieben Stunden.
Linda Horowitz zeigte sich angetan von der guten Akustik. Die entsteht, wenn sich die Chöre nicht zu tief in die Bühne stellen und dort die Stimmen von der Dekoration verschluckt werden.
HörgenussDie anfänglichen Befürchtungen erwiesen sich jetzt als unbegründet. „Hörgenuss pur“ erleben alle Zuhörer einer solch hochkarätigen Veranstaltung, wenn sie einen gehörigen Abstand zur Bühne halten. Dafür bietet das Kulturzentrum Großen-Buseck alle Voraussetzungen.
Der neue Vorsitzende des Sängerkreises Gießen, Claus Schmidt, hatte sich schon in seiner Begrüßungsansprache auf eine offene und richtungweisende Beurteilung der Chöre gefreut – nicht vergeblich. Er dankte der Gemeinde Buseck für die Bereitstellung des Kulturzentrums und bei der Sängervereinigung Eintracht-Germania mit ihren Vorsitzenden Margot Jany-Milicevic und Frank Steinmüller für die organisatorische Betreuung.
Bürgermeister Erhard Reinl freute sich, dass mit dem Kreiswertungssingen „aktives gemeinsames Erleben“ in das Kulturzentrum eingezogen ist. Er lud die Sängerinnen und Sänger zu einem Spaziergang durch den 4,5 Hektar großen Schlosspark ein und davon machten diese dann bei sonnigem Frühlingswetter auch reichlich Gebrauch.
Aus dem Verbreitungsgebiet des Anzeigers nahmen folgende Vereine – viele mit mehreren Chören – teil: „Eintracht-Germania“ Großen-Buseck (Leitung Renate Schygulla), „Teutonia“ Heuchelheim (Jochen Stankewitz), „Einigkeit-Harmonie“ Reiskirchen (Andreas Czerny), „Vovomotion 2000“ Reiskirchen (Andreas Czerny), SKG Rodheim (Andreas Stein), „Crescendo Eintracht“ Wieseck (Jörg Reiner Becker), „Eintracht“ Rodheim (Reiner Geitl), Harmonie Daubringen (Peter Schmitt), „Chorifeen“ Eintracht Watzenborn-Steinberg (Stefan Spielberger), Svvg. Staufenberg (Uwe Henkhaus), „Eintracht“ Wieseck (Christoph Könitzer), „Heiterkeit-Sängerkranz“ Großen-Buseck (Rainer Geitl), 1887 Ruttershausen (Christoph Könitzer), Svgg. Wieseck (Armin Plewa-Moormann), „TonArt“ Cäcilia Nauborn (Jochen Stankewitz), „Chorona“ Buseck (Thomas Kreiling), „Heiterkeit“ Annerod (Werner Jung), „Vorwärts“ Lollar (Adriana Popp), „Germania“ Heuchelheim (Werner Jung), „Germania“ Wißmar (Markus Schopf), Vokalkreis der Friedrich-Ebert-Schule Wieseck und Vorvokalkreis (Karl Theo Sames), „Eintracht“ Klein-Linden (Matthias Hampel), „Eintracht“ Watzenborn-Steinberg (Hubertus Weimer), Svvg. 1865 Treis/Lumda (Matthias Schulze), MGV Burkhardsfelden (Werner Volk), „Polyhymnia-Liederkranz“ Beuern (Karl Theo Sames), „Sängerlust“ Oppenrod (Matthias Schulze), „Germania“ Alten-Buseck (Karl Theo Sames), „Liederkranz“ Odenhausen (Heinz Peter Hitschmann).